
Rechnungshof mahnt Bundeswehr zu mehr Effektivität und weniger "Kopflastigkeit"

Der Bundesrechnungshof hat nach der Lockerung der Schuldenregeln für den Bereich Verteidigung von der Bundeswehr mehr Effektivität und einen Fokus auf eine höhere Kampfkraft gefordert. "Aus einem sicherheits- und verteidigungspolitisch begründeten 'Whatever it takes!' (deutsch: "Was auch immer nötig ist") darf nicht 'Geld spielt keine Rolle!' werden“, mahnte der Präsident des Bundesrechnungshofes Kay Scheller am Dienstag in Berlin. Er mahnte strukturelle Reformen der Streitkräfte an, die überaltert und zu "kopflastig" seien.
Der Rechnungshof stellte in Berlin einen Sonderbericht zum Handlungsbedarf bei der Bundeswehr vor. "Die geänderte Schuldenregel gibt der Bundeswehr größere finanzielle Möglichkeiten. Umso mehr ist sie in der Pflicht, verantwortungsvoll mit dem Geld umzugehen", sagte dazu Scheller. Es müsse vor allem darum gehen, "die Wirkung der Verteidigungsausgaben spürbar zu erhöhen". Dafür müsse die Bundeswehr "neu priorisieren" und "Verteidigungswichtiges von weniger Wichtigem trennen".
"Notwendig ist mehr kampfkräftige Truppe und weniger administrativer Überbau", hob der Behördenchef hervor. Es seien "weitreichende Veränderungen in der Organisation und beim Personal nötig, um die Bundeswehr mit mehr Truppe fit für ihren Kernauftrag zu machen". Gerade angesichts des Personalmangels in der Truppe müssten von den vorhandenen Kräften mehr Soldatinnen und Soldaten "für den militärischen Kernauftrag der Streitkräfte freigesetzt werden".
Skeptisch äußert sich der Rechnungshof dazu, dass aus Personalnot ein starker Akzent auf die Personalbindung gelegt werde, etwa die dauerhafte Übernahme von Zeitsoldatinnen und -soldaten. Damit steige jedoch zugleich das Durchschnittsalter der Truppe "und die Aufgaben verlagern sich regelmäßig hin zu administrativen Fachaufgaben", kritisierte Scheller.
So seien viele Soldatinnen und Soldaten derzeit mit zivilen Verwaltungsaufgaben beschäftigt und fehlten daher für militärische Aufgaben, heißt es in dem Bericht. Solche Aufgaben könnten aber oft auch von zivilen Beschäftigten wahrgenommen werden. Als einen Weg dorthin empfiehlt der Rechnungshof, mehr Soldatinnen und Soldaten auf Zeit einzustellen und den zuletzt stark gestiegenen Anteil der Berufssoldatinnen und -soldaten wieder zu verringern.
Generell verlangt der Rechnungshof "eine umfassende Aufgabenkritik" der Bundeswehr, "die der veränderten Sicherheitslage gerecht wird". Bei den damit verbundenen Reformen sei die gleiche Entschlossenheit erforderlich, wie sie die Politik bei der finanziellen Ausstattung gezeigt habe. Dass dieser Strukturwandel angegangen werde, sei bislang aber kaum zu erkennen. Vielmehr gebe es lediglich "kosmetische" Änderungen, kritisiert der Rechnungshof in seinem Bericht.
"Bei Organisation und Personal helfen finanzielle Mittel nur bedingt", heißt es weiter. Neue Aufgaben ließen sich nur übernehmen, wenn gleichzeitig auf weniger wichtige Aufgaben verzichtet werde. Aktuell werde der Zustand der Bundeswehr "der veränderten Sicherheitslage und dem militärischen Kernauftrag der Landes- und Bündnisverteidigung noch nicht umfassend gerecht".
"Die Lockerung der Schuldenregel hat ihren Preis. Schulden kosten Zinsen. Und diese werden in Zukunft den Bundeshaushalt noch stärker belasten als bisher", warnte Scheller. "Das nimmt der Politik und vor allem den jüngeren Generationen Handlungsspielräume." Auch für Verteidigungsausgaben dürfe der Bund nicht "dauerhaft und unbegrenzt Kredite aufnehmen".
Konkret fordert der Bundesrechnungshof von Bundeswehr und Bundesregierung, finanziellen Bedarf sorgfältig zu begründen und "eine Balance zwischen den Faktoren Zeit, Kosten und Qualität anzustreben". Dazu gehörten auch angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen. Absehbaren Preissteigerungen müsse durch "geschickte Vertragsgestaltung" begegnet werden. Steuerungs- und Kontrollinstrumente müssten die Wirkung des eingesetzten Geldes nachvollziehbar machen.
"Wenn einer Organisation in kurzer Zeit deutlich mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, steigt das Risiko für unwirtschaftliches Handeln", warnte Scheller. Zudem könne die Verfügbarkeit von mehr Geld bei Beschaffungen preissteigernd wirken.
F.Young--SFF